Kapitel 23:
Die steinernen Zwerge und der böse Traum
Unsere Wichtelleute bemerkten, dass sie sich für alle möglichen Dinge zu viel Zeit gelassen hatten. Deshalb mussten sie jetzt mehr Tempo vorlegen, um an Ziel ihrer Reise zu gelangen. da kam ihnen der Zufall zu Hilfe. Ein Milchbauer fuhr gerade mit dem Pritschenwagen von seinem Hof und wollte im nächsten Dorf Viehfutter einkaufen. Er hielt an der Ausfahrt an, weil ein Hund vor den Lkw lief. Diesen Augenblick nutzten die Zwerge aus und kletterten auf den Lieferwagen. Sie hockten sich natürlich mit Tarnkäppchen direkt hinter das Führerhaus in eine geschützte Ecke. Kaum hatten sie es sich gemütlich niedergelassen, schaltete der Fahrer in den ersten Gang und fuhr los. Das Fahrzeug rüttelte und schüttelte die kleinen Waldmenschen während der Fahrt unbarmherzig hin und her. Sie hielten sich krampfhaft an Kanten und Ecken fest, damit sie nicht vom Fahrtwind fortgeblasen würden. Bis zur letzten Straßenkurve vor dem Ort ertrugen alle Wichtels leidlich die Unannehmlichkeiten dieser Fahrt. Dann machte es plötzlich „Rumps“ und alle Zwerge purzelten über- und untereinander. Was war passiert? Ein Motorradfahrer hatte die Kurve geschnitten, knallte dabei mit voller Wucht gegen den Lkw und wurde in den Graben geschleudert. Der Bauer hielt an, besah sich seinen Wagen und eilte zum Unfallverursacher hin, um zu helfen. Zum Glück war ihm nichts geschehen, aber sein Bike hatte Totalschaden. Trotzdem wurden Polizei und Rettungsdienst gerufen. Unsere kleinen Gesellen kamen mit dem Schrecken davon. Sie stiegen schnell vom Lkw.
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Per Pedes trippelten sie weiter, vorbei an riesigen Getreidefeldern. Es war Ende Juli, also die Zeit, in der das Korn reif war und geerntet werden konnte. Überall dröhnten die Motoren der Dreschmaschinen. Die Landwirte hatten alle Hände voll zu tun das Getreide unter Dach und Fach zu bringen. Die Wichtels reckten die Hälse. Sie waren kleine Nasenweise und wollten halt alles mitkriegen. Bald hatten sie den nächsten Ort erreicht, als sie auf dem Rasen vor einem Gartenhäuschen viele steinerne Zwerge stehen sahen. Die Wichtels waren allesamt bass erstaunt, dass jemand sie nachgebildet hatte ohne ihr Aussehen und Wesen zu kennen. Sie blieben noch einige Zweit lang vor dem Zaun stehen und betrachteten diese Figuren. Da ihre Füßchen und Beinchen nach der langen Tour unheimlich schmerzten, einigten sie sich auf der Wiese bei den stummen, unbeweglichen Gesellen zu übernachten. Doch bevor sie sich zum Schlafen hinlegten, krabbelten die Zwilche unter einen Bretterzaun durch. Sie liefen zur Tränke, die in einem Pferch aufgestellt war und kühlten ihre feinen Glieder. Sie plantschten so sehr, dass das Wasser in hohem Bogen über den Rand spritzte. Ein Lämmchen hörte die piepsigen Stimmchen. Es eilte zu der Stelle, wo die Geräusche herkamen und erblickte die badenden Wichtels. Verwundert schaute es dem spielerischen Treiben zu.
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Allmählich brach die Nacht herein. Die Zwilche bedauerten wegen der Dunkelheit ihre lustigen Wasserspiele beenden zu müssen. Frisch gewaschen huschten sie zurück auf die Wiese. Jeder von ihnen fand ein freies Plätzchen vor oder hinter einem steinernen Gartenwicht, legte sich nieder in das Gras und begab ins Land der Träume. Sie träumten seltsame Dinge. Die Figuren seien plötzlich lebendig geworden. Mit Hacke und Schaufel bewaffnet, versuchten sie den Zwergen Angst und Schrecken einzujagen und sie aus dem Garten zu vertreiben. Aber die kleinen Waldleute schlugen zurück, so dass die steinernen Köpfe nur so rollten. Mit Geschrei und Trara wurden die Angreifer auf ihr Plätze verwiesen. Hier endete der schwere Traum, weil die Wichtels durch das Krähen eines Hahnes schlagartig geweckt wurden. Ob alle denselben Traum hatten, konnte man nicht erfahren. Wie auch immer, für sie war es die unruhigste Nacht ihres Lebens – und zu ihrer Freude standen die aus Stein geschaffenen Gartenzwerge unversehrt an der gleichen Stelle.
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Gewaltiges Gewitter und der Erdgeist
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